Wohin? – „Wo du hingehst… Zusammen gehen.“

Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserem Vater und unserem Herrn und Heiland Jesus Christus und dem Heiligen Geist. Amen.

Predigttext (Rut 1, 16 + 17):

Wo du hingehst, da will ich auch hingehen; wo du bleibst, da bleibe ich auch. Dein Volk ist mein Volk, und dein Gott ist mein Gott.

Wo du stirbst, da sterbe ich auch, da will ich auch begraben werden. Der HERR tue mir dies und das, nur der Tod wird mich und dich scheiden.

Liebe Gemeinde,

nach wie vor zieht er seine Bahn. Zunehmend, halb, voll, abnehmend und manchmal verfinstert er sich so wie letzte Woche: Der Mond.
Heute vor 50 Jahren betraten die ersten Menschen den Erdtrabanten. „Ein kleiner Schritt für einen Menschen, doch ein großer Schritt für die Menschheit.“ Die Worte von Neil Armstrong, dem ersten Mann auf dem Mond, haben sich ins kollektive Gedächtnis eingebrannt.

Es war eine der ganz großen Gemeinschaftsleistungen der Menschheit. Zusammen verfolgten sie über Jahre das eine Ziel.
Wo du hingehst, da will ich auch hingehen; wo du bleibst, da bleibe ich auch.
Die Mehrzahl der Weltbevölkerung fieberte mit.
Dein Volk ist mein Volk…
Ich war in einem Ferienlager der Deutschen Post der DDR in der Volksrepublik Polen. Zusammen mit den polnischen Schülern sahen wir nachts die unscharfen Schwarz-Weiß-Bilder am Fernsehschirm und wussten: Jetzt erleben wir Geschichte.

Der Aufbruch zu neuen Horizonten begeisterte die Menschheit und ließ an eine großartige Zukunft denken. Man fühlte sich zu fast allem in der Lage und glaubte, fast religiös, an den Fortschritt.
…dein Gott ist mein Gott.

Die drei Astronauten Armstrong, Aldrin und Collins wussten, wohin sie gehen. Sie wussten, dass sie das Ziel nur gemeinsam erreichen können. Es war wesentlich, diesen Weg nicht allein zu gehen, sondern mit Menschen, denen man vertrauen, auf die man sich verlassen konnte. Sie wussten, entweder wir kehren alle lebend zurück oder wir sterben alle.
Wo du stirbst, da sterbe ich auch, da will ich auch begraben werden. Der HERR tue mir dies und das, nur der Tod wird mich und dich scheiden.
50 Jahre später zieht er nach wie vor seine Bahn, der Mond. Wie eh und je. Immer im Gegenüber zur Erde. Und in der letzten Zeit – gemessen an seinem Alter in den letzten Minuten – haben seine Strahlen oft auf diese kleinen Bewohner der Erde geschienen, die so viel Unruhe machen. Die so Erstaunliches vollbringen können, wenn sie gemeinsam auf ein Ziel zugehen und die sich so Schreckliches antun können, wenn einige Wenige die Meisten für ihre Ziele missbrauchen.

Vor 75 Jahren schienen seine Strahlen des Nachts auf die sogenannte Wolfsschanze. Das Führerhauptquartier. 5 Jahre schon tobte der furchtbarste aller bisherigen Kriege. Da hatten sich einige mutige Menschen zusammengetan. Sie wollten ein Ende des Tötens, sie wollten zurück zu den Werten, die ihnen wichtig geworden waren. Sie vertrauten einander und sie wussten, wohin sie wollten. Sie wussten, dass sie ihr Ziel nur gemeinsam erreichen können und sie wussten: Entweder wir überleben alle oder wir sterben alle. Claus Schenk Graf von Stauffenberg, Helmut James Graf von Moltke, Erwin Rommel und all die anderen starben.
Wo du hingehst, da will ich auch hingehen; wo du bleibst, da bleibe ich auch. Dein Volk ist mein Volk, und dein Gott ist mein Gott.
Wo du stirbst, da sterbe ich auch, da will ich auch begraben werden.
Sie zeigten auch mit ihrem Sterben der Welt, dass es noch ein anderes Deutschland gibt, für das es sich einzusetzen lohnt – gemeinsam mit vielen Anderen!

Vor 3000 Jahren – in Mondzeit vor drei Minuten – zog der Erdtrabant seine Bahn und seine Strahlen ließen die Nacht für zwei Frauen heller werden: Rut und Naomi.

Naomi aus Betlehem hatte mit ihrer Familie Zuflucht vor einer Hungersnot im Nachbarland Moab gesucht. Dort wurden sie trotz anderer Herkunft und Religion gastlich aufgenommen. Der Mann von Naomi stirbt und ihre beiden erwachsenen Söhne auch. Die Witwe Naomi entschließt sich, allein in ihr Heimatland zurückzukehren. Ihre beiden moabitischen Schwiegertöchter hängen an ihr und wollen mit ihr gehen. Naomi sagt, dass sie doch in ihrem Land bleiben sollen. Die eine folgt dem Rat, die andere, Rut, lässt sich nicht dazu überreden.
Sie liebt ihre Schwiegermutter und drückt dies so aus:
Wo du hingehst, da will ich auch hingehen; wo du bleibst, da bleibe ich auch. Dein Volk ist mein Volk, und dein Gott ist mein Gott.
Wo du stirbst, da sterbe ich auch, da will ich auch begraben werden. Der HERR tue mir dies und das, nur der Tod wird mich und dich scheiden.

Die beiden verwitweten Frauen in der Männergesellschaft ihrer Zeit wissen: Nur gemeinsam sind wir stark.
Sie schaffen es mit weiblicher Schläue, sich in die judäische Gesellschaft zu (re-)integrieren. Die Moabiterin Rut wird schließlich als vollwertiges Mitglied des jüdischen Volkes anerkannt und zur Ahnfrau König Davids – und damit auch zu einer der Stammmütter Jesu.

Hell war die Nacht damals in Bethlehem, und 1000 Jahre später leuchteten dort die Strahlen des Mondes in die hellste Nacht für die ganze Erde, als Gott in Jesus zur Welt kam.
Ein kleines Kind und das größte Geschenk für die Menschheit.

2000 Jahre sind vergangen seitdem. Eigentlich wissen die Menschen seitdem, wie sie leben können auf diesem blauen Planeten, der tags von der Sonne und nachts vom Mond bestrahlt wird: Miteinander und nicht gegeneinander. Miteinander können sie so viel erreichen. Gegeneinander können sie so viel zerstören.
Nötig ist, das Vertrauen zu stärken – zueinander und zu dem gnädigen und liebenden Gott, der für alle Menschen da sein will.

Rut und Naomi, Claus Schenk Graf von Stauffenberg, Helmut James Moltke und die anderen Mitstreiter, Neil Armstrong, Edwin Aldrin und Michael Collins – sie alle wussten wohin sie wollen, und wussten, nur zusammen geht es. Sie konnten sich aufeinander verlassen und waren verbunden im Glauben. Und sie wussten: Mit dem gemeinsamen Glauben an den menschgewordenen Gott ist so gut wie alles möglich. Auch wenn nicht alles sofort gelingt.

In diesen Tagen zieht der Mond wie eh und je seine Bahn und seine Strahlen fallen auf eine Welt, in der Gemeinsamkeit und gemeinsame Werte keinen hohen Stellenwert zu haben scheinen. Länder und Menschen, die sagen: Ich zuerst! Und nicht: Wir gemeinsam zuerst!
Eine Welt, in der viele Menschen wieder Parolen folgen, die man schon überwunden glaubte.

Und sie fallen auf eine Welt, in der die Kirchen, die den Namen Jesu tragen immer noch getrennt sind.
Es ist kein Wunder, dass er sich ab und an verfinstert.

Rut und Naomi, Armstrong, Aldrin und Collins wollten vor allem eins: Wieder zu Hause ankommen.
Stauffenberg und seine Gefährten wollten wieder in einem demokratischen, friedlichen Deutschland ankommen.

Letztlich ist es dieser Wunsch, der uns antreibt: Nach Hause kommen. Und das geht gemeinsam am besten. Dazu brauchen wir Menschen, denen wir vertrauen, auf die wir uns verlassen können. Wir sollten darauf achten, mit wem wir diesen Weg antreten. Wem wir vertrauen und wer unser Vertrauen verdient.

Das gilt für uns als Individuen, als Kirche, als Gesellschaft, als Menschheit.

Meine Hoffnung ist: Wenn der Mond in einigen Jahren seine Bahn zieht, hat er keinen Grund, sich zu verfinstern, sondern er sendet seine Strahlen auf eine Welt, die auf dem Weg der Einheit ist. In der die Menschen miteinander in die Zukunft gehen. Und meine Hoffnung ist, dass die Kirche dazu ein Beispiel gegeben hat. Denn bei der ersten großen Abendmahlsfeier haben sich Katholiken und Protestanten versprochen:
Wo du hingehst, da will ich auch hingehen; wo du bleibst, da bleibe ich auch. Dein Volk ist mein Volk, und dein Gott ist mein Gott.
Wo du stirbst, da sterbe ich auch, da will ich auch begraben werden. Der HERR tue mir dies und das, nur der Tod wird mich und dich scheiden.

Möge Gott uns auf diesem Weg helfen. Amen.